Beim Rissfortschrittskonzept (RFK) wird davon ausgegangen, dass im Bauteil bereits eine Rissinitiierung stattgefunden hat. Bei diesem bruchmechanischem Ansatz werden Rissform und Rissgröße als bekannt vorausgesetzt und die Lebensdauer bis zum Anriss bleibt in der Regel unberücksichtigt. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Konzepten wird hier nicht der Anriss, sondern das Risswachstum bis zu einer kritischen Risslänge untersucht, bei der es aufgrund der Querschnittsschwächung zum Restbruch kommt.
Da an der Rissspitze die Beanspruchungen sehr hohe, theoretisch unendlich große Werte annehmen können, sind örtliche Spannungen und Dehnungen als kennzeichnende Beanspruchungsgrößen ungeeignet. Stattdessen wird der von der Risslänge und der Spannungshöhe abhängige Spannungsintensitätsfaktor K bei der linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM) mit vernachlässigbaren kleinen plastischen Zonen an der Rissspitze verwendet. Große plastische Rissspitzenbeanspruchungen können durch die elastisch-plastische Bruchmechanik (EPBM) erfasst werden.
Das Hauptanwendungsgebiet im Stahlbau liegt weniger im Ersatz der spannungsbasierten Ermüdungsberechnung als vielmehr in der Bewertung von Rissen und rissartigen Imperfektionen. Insbesondere zur Abschätzung der Restlebensdauer kann das Rissfortschrittskonzept verwendet werden, um notwendige Inspektionsintervalle oder Materialzähigkeiten zur Vermeidung von Sprödbrüchen zu definieren.
Der Rissfortschritt in metallischen Werkstoffen ist ein zentrales Forschungsgebiet der Bruchmechanik und hat eine bedeutende Rolle in der Lebensdauerabschätzung sicherheitskritischer Bauteile. Auch mit Bezug auf einen möglichen Weiterbetrieb von zyklisch beanspruchten Bauwerken oder auch Festlegen von Inspektionsintervallen ist die Rissfortschrittsanalyse ein geeignetes Beurteilungskriterium.
Die Lebensdauer von lastabtragenden Stahlbauteilen kann grundsätzlich in zwei Abschnitte unterteilt werden:
Bisher wurden im Bauingenieurwesen ermüdungskritische Bauteile maßgeblich bis zu einem technischen Anriss, der Entwurfslebensdauer, bemessen. Dabei werden standsicherheitsrelevante Komponenten in der Regel mittels einer linearen Schadensakkumulation rechnerisch beurteilt. Die Rissfortschrittsdauer ermöglicht die Beurteilung von sicherheitskritischen Bauteilen über die Entwurfslebensdauer hinaus.
Für die Rissfortschrittsdauer wird der Rissfortschritt für den sogenannten technischen Anriss unter weiteren Lastzuständen (statisch und/oder dynamisch) berechnet. Bei z.B. weiteren zyklischer Beanspruchung beschreibt die Rissfortschrittsrate dabei, wie schnell ein Riss pro Lastwechsel wächst. Der Rissfortschritt hängt stark von der Spannungsintensität, dem Werkstoffverhalten und den Umgebungsbedingungen ab. In einer ersten Phase wächst der Riss stabil mit jedem Lastwechsel. Diese Phase wird als stabiler Rissfortschritt bezeichnet und lässt sich gut mit bruchmechanischen Methoden, z.B. dem Paris-Erdogan-Gesetz beschreiben. Schließlich erreicht der Riss eine kritische Länge, bei der es zum instabilen Bruch kommt.
Die SKI Ingenieurges. mbH kann Rissfortschrittsanalysen durchführen und Kerbdetails (ermüdungskritische Bauteile und Verbindungen) hinsichtlich einer Restlebensdauer beurteilen.
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